Montag, 25. Dezember 2017



Freitag, 22. Dezember 2017

dämmerung
innen ist das licht weich, ich kann die dinge eher fühlen als sehen

Dienstag, 19. Dezember 2017

dämmerung, anbruch, übergang
ein flüssiges medium, das die formen anlöst und verbindet

Freitag, 17. November 2017

dämmerung
eben noch das gefühl, dass das licht abnimmt, immer mehr weicht und schwindet, dann das glühen vor meinen fenstern, die dinge leuchten von innen, füllig und warm und mit einer kraft, mit einer anstrengung, die größer ist als die gleichmäßige und unausweichliche helligkeit des tages

Donnerstag, 9. November 2017

atelier, ich hole wasser am waschbecken in der damentoilette, eine frau, patientin der arbeitstherapie, die auf dieser etage ihre räume hat, kommt herein, ein handtäschchen unterm arm, aus dem sie einen kleinen kamm zieht, und vorm spiegel stehend beginnt, ihre rot gefärbten, kurzen haare zu kämmen, sie legt sehr sorgfältig eine welle aus haaren über ihre stirn und holt dann zu meiner verblüffung eine mütze aus ihrer tasche, die sie über den kopf zieht, um danach nocheinmal mit dem kamm die stirnwelle zu richten -
ich muss grinsen, weil mich diese planvolle zuwendung für die eigene äußere erscheinung rührt, und als sie das sieht, strahlt sie mich durch den spiegel an, ich versuche, ihr und mir zu sagen: ja man muss sich immer...aufbauen, so beendet sie meinen steckengebliebenen satz

Sonntag, 5. November 2017

gestern beim absteigen durch den eichenwald oberhalb des weinberges am boden dichtes laub, das durch starken kalten wind den schmalen steinigen pfad hinabgetrieben wird, in den wir schwindelnd unsere füße setzen, rauschen in den bäumen über uns, wir fließen hinab, haltlos, mitgerissen

Freitag, 3. November 2017

als d. gegangen ist, steht der mond nur wenige meter über dem schwarzen elbhang, eine große, runde, gelbe scheibe
ich kann nicht sehen, dass es ein kugeliger körper ist, und ich kann nicht sehen, dass er vom licht der sonne angestrahlt wird, dass er ihr licht zurückwirft zu mir, auf die dunkle seite der erde, die im schatten desselben lichts liegt
er schwebt dort im dunklen blaugrau, überraschend, riesengroß und leuchtend und schön, ein vollkommenes rätsel

Freitag, 27. Oktober 2017

am nachmittag für wenige augenblicke ein großer lichtfleck auf dem gelbgrün gescheckten elbhang vor dunklem himmel, eine projektion, die schatten leichter wolken fließen und flimmern über die hügelkette wie in einem zeitraffer

Mittwoch, 18. Oktober 2017

ich sitze im großen garten in der späten nachmittagssonne auf einer wiese, die ganz mit trockenem laub bedeckt ist; während ich seinem knistern in meinen händen lausche, höre ich von ferne heiseren gesang, melodische laute, ein mann schiebt seine frau im rollstuhl vor sich her, sie sitzt sehr aufrecht und unterbricht ihr singen als ihr mann mich anspricht, alles was er sagt kommentiert sie mit tönen und mit ausladenden bewegungen ihrer arme, beide sehen mich an:
sie ist leider seit sieben jahren der sprache nicht mehr mächtig, aber sie singt so schön, 
solange es hell ist bleiben wir hier drinnen

Montag, 16. Oktober 2017

sonnige warme hersbsttage, als wollten sie mich mit voller wucht trösten: du sollst dich nicht fürchten vor dem verlust
alles, was da ist -kraft, wärme, fülle, schönheit und licht- das alles ist unberührt und unberührbar davon und du bist mitten darin

Donnerstag, 28. September 2017

plötzlich ist es da!
das bestickte tuch liegt auf dem tisch im atelier als wäre es aus meinem kopf gefallen

Mittwoch, 27. September 2017


Sonntag, 24. September 2017

halle, dölauer heide
heute laufe ich in den wald hinein zur wolfsschlucht, unter den hohen kiefern und eichen bleibe ich stehen und sehe zurück, den hang hinab, der boden ist hier von altem laub bedeckt, ein blasses ziegelrot, daraus wachsen die schmalen dunklen stämme der jungen buchen, die ich mit einer hand umschließen kann, nah beieinander nach oben, 
am grund liegen äste kreuz und quer,
wie in die striche einer zeichnung hineinsehen, umgeben sein, ferne stimmen, langsam und einzeln aufschlagende tropfen beginnenden regens

Mittwoch, 20. September 2017

ein langer intensiver arbeitstag an der stickmaschine der tu dresden, viele versuche, immer wieder änderungen an den einstellungen, leider ohne lösung,
am abend enden wir damit, dass wir die etwa zehn zeilen, die die maschine gestickt hat, wieder auftrennen, den stoff ausspannen, aufwickeln und einpacken
wir müssen einsehen, dass sich die maschine an dieser stelle von uns nicht bewegen lässt, t. wird die stickdatei so ändern, dass wir dem problem ausweichen können
zwar wußte ich immer, dass die wahrscheinlichkeit für ein umwegloses gelingen der technischen umsetzung an dieser sonst ganz anders und mit anderen materialien genutzten maschine gering ist, dennoch: das scheitern trotz unser aller mühe zu erleben, das ist etwas anderes 

wir werden sehen, ob anpassung eine ausreichend gute strategie ist
und: etwas ganz bestimmtes zu wollen, alles darauf anzulegen, ist enorm anstrengend

Montag, 18. September 2017

septembersonne, köstliche goldene flecken aus warmem licht, inseln mit nahen rändern, die in einem meer kalter schatten schwimmen

Samstag, 2. September 2017

gestern wieder ein probesticken am institut für textilmaschinen der tu dresden,
von anfang an die freundlichkeit und neugier der wissenschaftler, die mir sofort zugesagt haben
t. hat mit beharrlichkeit und unfassbarer geduld seit wochen an der stickdatei gearbeitet und wir haben ein ergebnis, das fast nichts zu wünschen übrig lässt
ich bin verblüfft, als ich sehen kann, was ich gesucht habe:  räumliche tiefe in der gestickten struktur, 
wechsel von der wahrnehmung der realen plastizität zu dem, was sie abbildet, die weiche wollige gestrickte decke, die ich so gut kenne, gleichzeitig ist beides da,
es ist gut!

Montag, 17. Juli 2017

richerenches
ich gehe am späten nachmittag zum zeichnen in den ort hinein, enge, verwinkelte gassen, treppen, balkone, durchgänge, die alte, wehrhafte anlage der tempelritter, bewohnt von menschen und katzen, ich fühle mich unsicher, suche nach einem platz, von dem aus ich etwas sehen kann und wo ich trotzdem geschützt bin, meinen kasten mit aquarellfarbe möchte ich abstellen und farbe mit wasser anrühren,
ich hocke mich auf eine stufe, gegenüber schließt jemand ein fenster, kurz darauf höre ich die ersten töne einer oboe, ein paar leitern, dann wird die musik immer leichter und freier, jemand freut sich an seinem spiel, solange es dauert, kann ich bleiben,  bin ich richtig an diesem ort mit dem, was ich tue, und ich brauche lange, bis ich etwas sehe, bis ich deutlich spüre,  was ich erfassen möchte, fast zwei stunden sind wir beide in unsere übung versunken,
ich denke,  wenn ich jetzt ein paar tage zeit hätte, dann könnte ich an dieser stelle weitermachen, dann könnte ich an dieser stelle beginnen
richerenches, dromeprovencale
zuerst habe ich gehört: den harten, kreischenden gesang der zikaden, ich habe den trockenen duft von harz und wildem thymian gerochen, 
der himmel war voller licht, blau, 
heißes licht liegt auf der großen ebene, alles ist unter dieser last flach und schrumpft, die schöne landschaft, die wir von den bergen aus sehen, nichts liebliches ist daran, tagelang brüllt der wind

Mittwoch, 12. Juli 2017

lichtlinien im wasser, ein schlingerndes netz, über die gegenstände geworfen, nicht mit den augen und nicht mit den händen zu greifen, so sehr in bewegung und schneller als die sprache, mit der ich es beschreiben möchte
die spinnennetze, die wir heute gesehen haben, sind dicht, flauschig, wie gefilzt

Montag, 10. Juli 2017

richerenches, dromeprovencale
die pappel ist an diesem ort der empfänglichste baum von allen, empfänglich für die kleinste bewegung der luft, ihr laub zittert, flattert, flirrt, der wind streift darüber, eine ausgestreckte hand, die im vorbeigehen die berührung genießt   

Freitag, 7. Juli 2017

die aare bei bern
türkisblau und glasklar, wir hören und sehen sofort: sie hat sehr viel wasser und starke strömung

zuerst, als wir mit unseren beinen im fluss stehen, angespannt ihn und uns beobachten, können wir uns kaum halten, jeder schritt bringt uns aus der balance, unsere füße rutschen auf den kleinen steinen, wir straucheln, stürzen, der fluss hat so große kraft, dass wir uns nicht vorstellen können, wie wir darin die kontrolle behalten, nicht mitgerissen werden und an der sandigen biegung, an der wir unsere sachen abgelegt haben, wieder hinausgelangen
 

erst als wir unseren widerstand aufgeben und uns dem fluss überlassen, wird alles ganz leicht, wir gleiten, treiben, jauchzen,
wie die fische stehen wir in der strömung, unter uns das ufer aus weichem sand

Sonntag, 11. Juni 2017


Montag, 22. Mai 2017

bern,

schnee auf den bergen und wolken im letzten licht vor der nacht, ein diffuses graublau, 
als wäre mein blick nicht scharf genug, um diese farbe zu durchdringen, ordnung zu finden oder struktur, ich sehe gerade noch das feste und das fast schon formlose, das ohne räumliche tiefe ist, in einer solchen innigen verbindung, untrennbar je mehr das licht schwindet

das deutliche und das unfassbare,
das bleibende und das flüchtige,
vielleicht auch nur das allmähliche und das schnelle

(das ist die beschreibung einer zeichnung)

Sonntag, 21. Mai 2017

abegg-stiftung, riggisberg

seit riggisberg post sind wir nur noch zu zweit im bus, der weiter zur abegg-stiftung fährt, auf einer schmalen straße, die sich in eine parkähnliche wiesenlandschaft hineinschlängelt, hinter der steil die berge aufragen,

ich sehe sehr alte und sehr schöne textilien, artefakte, fragmente aus den hochkulturen der menschheit, nebeneinander wie seltene trophäen, kostbare kunststücke, alles wie aus der zeit gefallen, ohne jeden zusammenhang, nichts habe ich darüber erfahren, warum die dinge entstehen

ich erinnere mich an diese stunden, als wäre dort etwas stehen geblieben, konserviert, stillgestellt

Samstag, 20. Mai 2017

wie das gebirge in der ferne, immer wieder geht mein blick dorthin oder er fällt zufällig darauf, 
weil es leuchtet im wechselnden licht, zwischen himmel und erde, fremd und schön, 
lässt es mir keine ruhe, wieder und wieder nehme ich anlauf mit meinen worten und kann das nicht einholen, obwohl ich dicht davor bin, ich erreiche es fast, ich erreiche es nie
selbst wenn ich hinkäme, wenn ich dort wäre, ist es nicht dasselbe

Freitag, 19. Mai 2017

bern,
beim sehen auf das gebirge und den himmel, der gerade erst an den rändern aufreißt: dass wolken und schneebedeckte berge im späten nachmittagslicht die gleiche farbe haben, ein weiches schneeweiß, in dem der blick keinen halt findet, nach oben verliert sich alle sicherheit über die feste form des berges

Mittwoch, 17. Mai 2017

bern,
kleine, helle wolken vor dem schneebedeckten gebirge, graublau wie dunst, unschärfe, als hätte jemand an diesen stellen das bild ausgewischt

Dienstag, 16. Mai 2017

bern,
am frühen morgen über die brücke in die stadt laufen, den grünen, rauschenden fluss im licht glänzend unter mir, immer noch das aufregende gefühl von fremdheit, gemischt mit wiedererkennen: menschen auf dem rad, zu fuß, wie sie sich bewegen, sich kleiden, sprechen, der brunnen an der ecke mit dem strahl, der aus einem geöffneten mund stürzt, klares wasser, das in einem becken aus hellem stein schaukelt, die auslage im buchladen, der bäcker, seine beiden jungen angestellten, die auf einem kleinen wagen eine bestellung mit kuchen über das pflaster schieben, die wasserlachen auf dem boden

Montag, 15. Mai 2017


bern,
das gebirge in der morgensonne, darin liegen schmale horizontale wolkenstreifen, flauschige linien, die die gefaltete landschaft durchqueren

Donnerstag, 11. Mai 2017

bern,
bushaltestelle "betagtenheim", be-tagt, wenn alle tage auf einem liegen, wenn man mit allen tagen be-laden ist, 
ganz anders muss es sich anfühlen für die kinder auf dem sportplatz der schule, an dem wir kurz danach vorbei fahren, alle tage sind ein offener raum, etwas, das noch vor ihnen liegt

Dienstag, 9. Mai 2017

bern,
worte, die ich heute gehört und mir gemerkt habe: plündere, ausharre, gediehe
es ist kühl, ich fröstele als ich am abend aus dem haus trete, die menschen sind schnell unterwegs, zielstrebig und beschäftigt,
erst im bus, der mich nach zollikofen bringt, wird es ruhiger, warme abendsonne durchflutet alles, niemand steht auf bevor der bus zum halten kommt

Mittwoch, 12. April 2017

rom,
wir haben uns daran gewöhnt, in der stadt unterwegs zu sein, in den engen gassen, die keine bürgersteige haben und in denen autos, mofas und menschen sich vorsichtig aneinander vorbeischieben, über die größeren straßen und kreuzungen gehen wir mit den anderen, gleiten durch die lücken, die entstehen oder gelassen werden, bewegung ohne stocken, ununterbrochen, fliessend
auf dem rückweg unter den platanen, die das grelle licht der sonne filtern, weich werden und zerfallen lassen, sehe ich auf den fluss, das wasser des tibers ist ein undurchsichtiges helles grün und es scheint mir keine richtung zu haben, nur leicht kräuselt es sich auf seiner oberfläche, ich habe in der hitze des mittags das gefühl: hier sein und einen augenblick stehen bleiben können

Samstag, 8. April 2017

chiesa santa barbara dei librai,
musiche e meditazioni sul tempo di passione,
wir kommen am abend in die kleine kirche, kurz bevor das konzert beginnt, wir spüren, dass die leute auf etwas warten, 
ein chor aus etwa zehn frauen, alle mit weitem, blauem kleid, ihnen gegenüber auf der empore eine frau und ein mann, die zwischen den gesängen die texte sprechen
figlio, figlio, figlio mio
eine klage, ein rufen, die frauen, wie sie beim singen einander ansehen, aufeinander achten, sich freuen, wenn etwas gelingt, das vieltonige blau ihrer gewänder im halbrund der apsis, ihre stimmen im raum
wir: großmutter, mutter und tochter
und das leid und die freude aller frauen in allen zeiten, vor uns, nach uns
an was ich mich erinnere, sehr körperlich, gestern
am flughafen die sicherheitskontrolle, wie ich mit ausgebreiteten armen dastehen muss, inmitten der menschen in dem großen raum, die frau, die mich am ganzen körper mit ihren händen betastet, immer wieder die brüste, den bauch, die beine,

am abend, als wir noch einmal in die bäckerei zurückkehren wollen um noch ein brot für morgen früh zu kaufen, beim eintreten die frau, die uns entgegen die tür schließen will, wir aber noch wie von einer welle getragen an ihr vorbei hineinströhmen, durch eine engstelle, die wir berühren,

als wir über die galerie im innenhof auf unserer etage zu unserer wohung kommen und am fenster der nachbarn vorbeilaufen der blick auf ein bett, auf dem vorhin noch die beiden kinder, ein junge und ein mädchen, mit ihren handys nebeneinander lagen, jetzt direkt neben mir schlafend das kleine faltige gesicht einer frau, im raum ist licht und jemand hantiert am tisch
rom,
palazzo altemps, 
sehr schönes sonnendurchflutetes gebäude mit zauberhaftem innenhof, bemalte wände und decken auf der galerie, nach süden und zum hof offen
zugemauerte fenster bemalt, als wäre es glas, in dem sich die bögen zum hof, schatten und licht, spiegeln, gleichzeitig mit störungen in der malerei, wirbeln, flecken, farbe
auf der galerie ein gemaltes fensterglas, als wäre es eine fläche, aber über eine wölbung in der wand gemalt, so dass sich die gemalten linien und flächen biegen

ein wunderbarer, schmerzlich schöner kopf einer schlafenden nymphe, liegend auf einem grünen marmorsockel, als halbrelief


zwischen wirklich und unwirklich

Donnerstag, 16. Februar 2017

kalte schattengassen, schneereste, eiskrusten, dunkle lachen an den rändern

Dienstag, 17. Januar 2017

am frühen nachmittag tritt vollkommene stille zwischen uns ein, joram liegt fiebernd auf dem sofa und sieht mir beim sticken zu